Todesmarsch-Strecke Dachau – Waakirchen

Historische Korrektur auch im Tegernseer Tal

Noch stärker werden die amerikanischen und niederländischen Hauptquellen durch die Pfarrerberichte aus dem Gebiet des Tegernseer Tals widerlegt. Diese, von den meisten nachfolgenden Autoren ungeprüft übernommenen Quellen, seien noch einmal knapp rekapituliert:

  • 1.5 Waakirchen 1000 Häftlinge befreit;
  • 1.5. über Gmund, Tegernsee nach Rottach 3000 Häftlinge weitermarschiert;
  • 2.5. Rottach 2000 Häftlinge befreit;
  • 2.5. Wildbad Kreuth 1000 Häftlinge marschieren zurück über Wiessee, Gmund nach Dürnbach;
  • 2.5. Dürnbach 360 Häftlinge befreit.

In den Berichten der Pfarrer von Gmund, Tegernsee, Wiessee, Rottach-Egern und Wildbad Weder tauchen weder 3000, noch 2000, noch 1000 Dachauer KZ-Häftlinge auf. Als 3000 Häftlinge am 1. Mai von Waakirchen über Gmund nach Tegernsee und Rottach marschieren sollte, waren die US-Streitkräfte noch westlich von Bad Tölz. Als 1000 Häftlinge am 2. Mai nach Wildbad Kreuth und wieder zurück nach Wiessee und Dürnbach marschieren sollten, verteidigte die SS noch die Mangfallbrücke in Gmund und zwischen Gmund und Bad Wiessee fand ein Artillerie-Duell zwischen SS und US-Truppen statt.

In seinem sehr ausführlichen Bericht schreibt der Pfarrer von Gmund über die Tage vom 2. bis zum 5. Mai 1945.: "

  • "Am 2. Mai ... 16.15. Uhr wurden die 3 Brücken gesprengt, die Straßenbrücke, die Eisenbahnbrücke und die eiserne Brücke bei N.N. ... Die Ami waren inzwischen von der Kreuzstraße (München!) und von Finsterwald (Waakirchen!) her mit Panzern angefahren. ... Gegen 5 Uhr nachmittags waren die Ami auf dem linken Mangfallufer in Gmund angekommen ... es begann gegen Abend des 2. Mai ein Artillerie-Duell zwischen den auf der Straße nach Wiessee vorgehenden Amipanzern und der SS ... "
  • "Am Morgen des 3. Mai erwartete man allgemein einen feindlichen Fliegerangriff, da das Tal verteidigt wurde. ... Gegen 9 Uhr erschienen die ersten Ami bei uns ... Plünderungen durch die plötzlich auftauchenden KZler ... Später wurde dann in der Nacht 3./4. Mai eine schwere eiserne Brücke von den Ami-Pionieren über die Mangfall geschoben."

Kein Wort über einen vieltausendköpfigen Häftlingszug von Gmund nach Tegernsee oder nach Wiessee. Auch in den folgenden Pfarrerberichten aus dem Tegernseer Tal tauchen 3000 Dachauer KZ-Häftlingen überhaupt nicht auf.

Der Bericht des Pfarrers von Tegernsee stimmt mit dem Gmunder Seelsorgerbericht, was Zeiten und Ereignisse anbetrifft, völlig überein. Auch er erwähnt keinen Marsch von Tausenden KZ-Häftlingen:

  • "Am 2. Mai erreichte die Spitze der amerikanischen Panzer Gmund. Im selben Augenblick wurden die beiden Mangfallbrücken gesprengt ... sie machten halt, und 2 sehr schlimme Nächte und Tage wechselte Artilleriefeuer zwischen Amerikanern und SS ... Am Abend des 3. Mai wurde Wiessee und dann Tegernsee je eine Stunde mit Artillerie beschossen ... Endlich gegen Abend wusste man, daß die SS sich zurückziehen in die Berge.".
  • "Am 4. Mai morgens rückten die Amerikaner in Tegernsee ein ... "

Kein Wort im Tegernseer Bericht über einen Häftlingszug vom Norden nach Süden oder vom Süden nach Norden.

Ähnlich auch der Bericht des Pfarrers von Bad Wiessee, der zwar KZ-Häftlinge erwähnt, die jedoch zeit-, zahlen und herkunftsmäßig nicht dem "Todesmarsch von Dachau" zugeordnet werden können.

  • "Je mehr sich die Front näherte, desto größer wurde der Zuzug. Den Auftakt zum Ende bildete ein Zug von Häftlingen aus dem Konzentrationslager Dachau, ungefähr 140 Mann. Sie kamen am Samstag, den 28. April (!) ... Frau N.N., die Pächterin des Gasthauses zur Post, hatte den Mut und die Schneid, den SS-Bewachungsmannschaften nur dann etwas abzugeben, wenn auch die armen Häftlinge etwas bekommen. Sie ging ins Lager und holte den ganzen Zug in ihren Speisesaal und bewirtete sie um Gotteslohn ... Am Montag (30.4.) verschwanden die SS-Mannschaften, die Häftlinge waren frei. ... Es waren gegen 50 Franzosen, Belgier, Holländer und Italiener, der Rest Russen und andere"
  • "... am 1. Mai ... in der Nacht gings los. Wiessee wurde von der SS besetzt und sollte verteidigt werden. ... Endlich am Donnerstag (3.5.) abends halb 8 Uhr zog die SS ab."

Ansonsten aus Bad Wiessee keinerlei Hinweise auf Häftlingsmärsche mit 3000 (Hinmarsch!) bzw.1000 (Rückmarsch!) Teilnehmern.

Dieselbe Berichtslage aus der Pfarrei Egern und ihrem Nachbarort Rottach am Südende des Tegernsees.

  • "Vom 1. bis 4. Mai war für Rottach-Egern die größte Gefahr, da die SS, die sich ins Tegernseer Tal zurückgezogen, den Ort verteidigen wollte. Zwei Tage wurde heftig geschossen ... die SS sich ins Kreuther Tal zurückzog, und die Amerikaner zogen am 4. Mai 1945 in Rottach ein."

Auch hier wird eine kleine KZ-Häftlingsgruppe genannt, die aber ebenfalls nicht dem Dachauer Häftlingszug zuzuordnen ist. :

  • "Vor dem Einmarsch wurden 300 KZ-Häftlinge aus Dachau in Rottach durchgetrieben, hielten sich hier einige Tage auf, konnten den Weitermarsch nach Achensee nicht fortsetzen, da die ganze Straße von SS und ihrem Tross belagert war, mußten wieder umkehren in Richtung Waakirchen."

Der Bericht des Egerner Pfarrers kommt den Angaben der amerikanischen und niederländischen Quellen zwar inhaltlich, aber nicht zahlenmäßig am nächsten. Bei der genannten Gruppe von 300 Häftlingen kann es sich nicht um den Rest von 3000 Häftlingen des "Todesmarsches von Dachau" handeln, von denen 2000 im Nachbarort Rottach befreit worden sein sollen, weil sie sich hier rein zeitlich nicht "hier einige Tage" aufhalten" konnten. Kein Hinweis des Egerner Pfarrers über ein derartig auffälliges Geschehen in seinem Ort. Es handelt sich wahrscheinlich – wie der Zeitzeuge David Grünbaum belegt - um einen Teil des russischen Häftlingszuges aus München-Ost (Riem).

Noch lapidarer und vor allem unergiebiger bezüglich Dachauer Häftlinge ist der Bericht des Pfarrers aus dem angeblichen Umkehrpunkt Kreuth.

  • "Die Amerikaner fuhren, längst erwartet, endlich am Samstag, 5. Mai, in vorsichtig langsamer Fahrt in Dorf Kreuth ein."

Sogar unter dem Berichtsthema "Plünderungen" werden keine "KZler" genannt. Kein Wort über angebliche 1000 Dachauer Häftlinge, die angeblich am 2. Mai von Tegernsee kommend nach Tegernsee zurückmarschierten.