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Informationen über Bahntransporte | |||||||||||||||||||
Bahntransporte von Häftlingen des KZ Dachau und seiner Außenlager müssen aus zwei Gründen im Zusammenhang mit den "Todesmärschen von Dachau" analysiert werden. In vielen Fällen wurde ein und dieselbe Häftlingsgruppe zuerst durch Bahntransport und dann durch Fußmarsch in Richtung Süden getrieben, z.B. der dritte "Dachauer Bahntransport" vom 27.4.1945, der mit 2 000 Häftlingen vom Dachauer Verladebahnhof Emmering nach Wolfratshausen fuhr, die dort aussteigen und mit dem "Todesmarsch von Dachau" erst in Richtung Beuerberg und dann in Richtung Bad Tölz weitermarschieren mussten. Allein dieser Transport beweist, in welchem Chaos Bahntransporte und Todesmärsche hin und her gelenkt wurden. Zuerst der Fußmarsch vom KZ-Dachau zum Verladebahnhof Emmering bei Fürstenfeldbruck, dann unter der Gefahr von Luftangriffen der Bahntransport zum Hbf München, dort umrangiert auf das Gleis zum Bahnhof München-Süd zum Gleis der Isartalbahn und über diese dritte Strecke nach Wolfratshausen. Von dort Marsch entlang der Loisach nach Beuerberg und weil dort die Brücke schon zerstört war, Rückmarsch nach Eurasburg, dort über die Loisachbrücke und dann über Königsdorf zur Isarbrücke in Bad Tölz - wenn alles so ablief seit dem Abmarsch von Wolfratshausen. Wir fanden keinen einzigen Zeugenbericht über die Odyssee dieses kombinierten Transportabenteuers per Bahn und zu Fuß. Zwischen der Evakuierung durch "Todesmärsche" und Bahntransporte war oft - was die Sterberate der Häftlinge betrifft - nicht viel Unterschied. Die gesamte Geschichte der Evakuierungstransporte zeigt eine hohe Todesrate, so z.B. die mehrtägige Bahnfahrt von Zwi Katz vom Ghetto Kaunas bzw. dem Zwischenstopp im KZ Stutthoff bei Danzig bis Dachau und Kaufering. 3000 Häftlinge fuhren in Stutthoff ab, 2000 kamen in Kaufering an. Schuld an diesen hohen Todesraten war zunächst der lange, meist mehrtägige Transport der ohnehin schon geschwächten Häftlinge - ohne Nahrung, Wasser und hygienische Entsorgung. Im westlichen Teil des Reichsgebiets, vor allem im Bereich der immer näher rückenden Front, drohten auf den noch offenen Bahnstrecken die Tieffliegerangriffe der Befreier. Es überrascht nicht, dass wir über die Häftlingstransporte per Bahn über weniger Informationen von Zeitzeugen verfügen als über die Todesmärsche. Die gesundheitlichen und psychischen Zustände in den geschlossenen Güterwaggons müssen unter den angedeuteten Zuständen buchstäblich katastrophal gewesen sein: tagelang eingesperrt wie in einem dunklen Käfig, ohne Nahrung und Wasser, vegetierend in den eigenen Exkrementen, eingezwängt mit den Leichen der gestorbenen Kameraden. Als ich meinen Freund Max Mannheimer, der den Transport von Mühlheim nach Tutzing und zumindest zwischen Mühldorf und Ampfing und bei Poing Tiefflieger-Angriffe überlebte, nach Einzelheiten dieser Höllenfahrt fragte, blickte er mich mit großen Augen an und sagte nur: "Weißt Du, was ich damals noch wog?" Mit anderen Worten: Mit nur noch 37 Kilogramm Körpergewicht war er dem Tode nahe. Sein geschundener Geist konnte an der Schwelle des Todes nicht mehr registrieren, was außerhalb seines Bahnwaggons geschah. Warum diese Bahntransporte, warum diese Fußmärsche jeweils in Richtung Süden? Bei fast allen Evakuierungszügen - mit Ausnahme des Transports kranker Häftlinge aus dem Kauferinger Lager 4 - sollten noch arbeitsfähige Häftlinge in Richtung Alpen gebracht werden. "Ötztal" war die Losung. Nicht nur die Dachauer Züge, auch die Bahntransporte Kaufering-Dachau bzw. Mühldorf-München fuhren vom Großraum München aus in Richtung Alpen oder die Häftlinge mußten in diese Richtung weitermarschieren. Im Falle Mühldorf-München ist dies um so erstaunlicher, als die Züge nicht etwa in Richtung Osten, also weg von der näher rückenden Front fuhren, sondern zunächst in Richtung Westen, also der Front entgegen wo sie dann auch rund um den Starnberger See hängen blieben. Das lässt - wie schon an früherer Stelle gesagt - den Schluss zu, daß die "Alpenfestung" das Ziel aller Transporte arbeitsfähiger Häftlinge war. Bei all diesen Überlegungen ist zu berücksichtigen, daß sowohl die Führung in Berlin (Hitler, Göring, Himmler, Kaltenbrunner), als auch die Organisatoren in Südbayern durch den schnellen Vorstoß der alliierten Truppen in Richtung München chaotisch reagierten. Es ist grotesk, dass Ende April, als die direkte Bahnstrecke München-Innsbruck bis Starnberg schon blockiert und die Ausweichstrecke durch das Isar- und Loisachtal schon von Tieffliegern beschossen wurde, noch fünf Bahntransporte in Richtung Alpen schickten und parallel zu ihnen auch unübersehbare Marschkolonnen, erst in Richtung Starnberger See und dann - fast ziellos - am Nordrand der Alpen entlang. In der Realitätsferne des Berliner Führerbunkers ignorierten sie, dass die Zugtransporte im Feuerhagel stecken blieben und dass die übermüdeten Marschkolonnen von den rasch vorwärtsdringenden amerikanischen Panzern eingeholt werden würden. |