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Häftlingsmärsche aus dem Osten Münchens | ||||||||||||||||||||
In den letzten Apriltagen, als nicht nur das KZ Dachau durch fast täglich eintreffende Evakuierungsmärsche und Bahntransporten auf über 32 000 Häftlinge anschwoll, wurde auch das zwischen Dachau und München gelegene KZ Allach, in dem hauptsächlich Zwangsarbeiter für die umliegende metallverarbeitende Rüstungsindustrie (BMW, Kraus-Maffei, MAN) untergebracht waren, mit fast 10 000 Häftlingen völlig überfüllt. Ein Marsch, der aus Kaufering eintraf, wurde nach Süden weitergeleitet. Der Marsch der 2000 Allacher Häftlinge, die am Ende der ersten Etappe des "Todesmarsches von Dachau" mit diesem verschmolzen, wurde schon erwähnt. Nach der letzten Häftlingszählung in den Außenlagern durch das KZ Dachau vom 26. April 1945 wurden Im Osten Münchens 2419 KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter in drei Lagern kaserniert:
Strecken, Orte und Zeiten der Evakuierungsmärsche aus diesen drei Lagern und die Zahl der Toten auf dieser abgelegenen und kaum bekannten Todesstrecke können nur aufgrund weniger Hinweise lückenhaft rekonstruiert werden. Zwei oder drei Strecken bis zum Zwischenziel Bad Tölz sind aufgrund bekannter Daten wahrscheinlich. Am 25. April 1945 soll das Hauptkontingent, die 1543 Häftlinge des Außenlagers München-Riem in Marsch gesetzt worden sein. Die Zeiten, die von Zeitzeugen angegeben werden, weisen auf einen späteren Abmarschtermin. Wahrscheinlich handelte es sich um russische Zwangsarbeiter, die im Bausektor eingesetzt worden waren und deshalb für den Aufbau der "Alpenfestung" benötigt wurden. Die Fotos, die zum Beispiel bei Grünwald von ihnen gemacht wurden, legen diese Einschätzung nahe. Die möglichen Marschrouten werden anschließend behandelt. Am 27. April 1945 wurden die 539 weiblichen Häftlinge aus dem Agfa-Kamerawerk in München-Giesing evakuiert. Sie sollen über Grünwald bis Wolfratshausen marschiert und dort am 30. April befreit worden sein. Über den Marsch der 337 Häftlinge vom Außenlager Luftfahrt-Forschungsanstalt Ottobrunn liegen keine geographischen und zeitlichen Angaben vor. Eine Ottobrunner Untersuchung schreibt: "Da ein weiteres Großprojekt der Luftfahrtforschung im Ötztal geplant war, zogen die Gefangenen unter Aufsicht des SS-Wachpersonals Richtung Tirol." Folgende Beobachtungen und Zeitangaben wurden von Zeitzeugen genannt (chronologisch geordnet von Nord nach Süd):
Die durch Fotos und örtliche und zahlenmäßige Zeugnisse am besten belegte Strecke dürfte die Hauptstrecke des Hauptkontinents gewesen sein: der 1543 russischen Zwangsarbeiter aus München-Riem. Ihr Marsch führte vom Raum München über Grünwald, Deining, Ascholding, Egling, Bairawies, Unterleiten nach Bad Tölz. Ab der zweiten Hälfte dieses Marsches sind zwei Nebenstrecken möglich: wegen der Tieffliegergefahr marschierte die Hauptkolonne von Unterleiten aus nicht auf dem direkten Weg entlang der Isar nach Bad Tölz, sondern über den östlichen Höhenweg durch Kirchbichl und Ellbach. Ein Teil der Hauptgruppe könnte aber auch wegen der Tieffliegergefahr von Ascholding aus anstatt entlang der Isar durch die östliche Moränenlandschaft über Mannhartshofen, Dietramszell, Kirchbichl und Ellbach nach Bad Tölz marschiert sein. Der Marschweg der 539 weiblichen Häftlinge des Giesinger Agfa-Kamerawerkes ist klar und identisch mit der ersten Strecke der Riemer Häftlinge: über Grünwald, Deining, Ascholding, Egling bis Wolfratshausen. Für die kleine Marschkolonne von 337 Zwangsarbeitern aus der Luftforschungsanstalt Ottobrunn ist aufgrund von Orts- und Zahlenangaben eine zweite Hauptstrecke wahrscheinlich: von Ottobrunn über Brunnthal, Hofolding, Hartpenning nach Bad Tölz oder - was geographische und zeitliche Ungereimtheiten der amerikanischen und niederländischen Dokumente realistisch auflösen könnte - in Richtung Tegernsee und Wildbad Kreuth. In diesem quellenanalytischen Zusammenhang ist kritisch anzumerken, dass nach dem Eintreffen der zwei Häftlingsgruppen aus München-Riem und Ottobrunn am 30. April im Raum unmittelbar nördlich der Linie Bad Tölz - Gmund am Tegernsee keinerlei Angaben mehr über ihren weiteren Verbleib bekannt sind. Die Dachauer und Kauferinger Marschgruppen überquerten am 1. Mai die Isarbrücke von Bad Tölz, rasteten bei Reichersbeuern und wurden erst am Nachmittag des 2. Mai in Waakirchen - zwischen Bad Tölz und Tegernsee gelegen - von amerikanischen Truppen befreit. Sie konnten keineswegs noch an diesem einzigen Tag Tegernsee und Wildbad Kreuth erreichen, dort wieder umkehren und dann erst befreit werden. Die 1900 Häftlinge aus den Lagern im Osten Münchens konnten dies aus geographischen und zeitlichen Gründen. |