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26 Mahnmale am Todesweg ins Ungewisse | ||||||||||||||
An der Strecke des Todesmarsches von Dachau bis Waakirchen sowie an zwei anderen Strecken wurden bis Herbst 2005 insgesamt 21 identische Mahnmale errichtet. Sie wurden von Professor Hubertus von Pilgrim im Jahre 1989 geschaffen. Ein weiteres Mahnmal steht in Jad Vaschem, der zentralen Holokaust-Gedenkstätte in Jerusalem. Wie kam es zu dieser in Deutschland einmaligen Initiative zur Erinnerung an die Todesmärsche von 1945? Den Anstoß zur Errichtung der ersten Todesmarsch-Mahnmale, die an den letzten Leidensweg Dachauer und Kauferinger KZ-Häftlinge erinnern sollen, gab die kreative Neugierde und das moralische Engagement des Gautinger Gymnasiasten Matthias Hornstein. Als Angehöriger des Gautinger Otto-von-Taube-Gymnasiums legte der junge Mann für seinen Kollegstufen-Abschluss am 11. Februar 1985 im Kurs "Sozialkunde/Geschichte" unter dem Titel "Der Judenfriedhof in Gauting" eine Facharbeit über den jüdischen Friedhof seiner Heimatgemeinde vor. Warum ein Judenfriedhof in diesem Ort im Würmtal? Matthias Hornstein fand heraus, daß es sich bei den meisten Toten des jüdischen Friedhofs der Würmtal-Gemeinde Gauting um ehemalige Häftlinge des Todesmarsches von Dachau handelte, die kurz nach ihrer Befreiung im Gautinger Lungenkrankenhaus gestorben waren. Seine Hauptkapitel überschrieb der Gautinger Gymnasiast mit den Formulierungen: "Der Judenfriedhof: kein ´Problem` und Anliegen der Bevölkerung" - "Das mangelnde Echo und was es bedeutet" - "Aufruf zur Kontaktaufnahme mit Angehörigen aus Israel". Das Fazit seiner verdienstvollen Arbeit lautete: "Wenig Kenntnis, kein Engagement". Matthias Hornsteins schulische Leistung blieb nicht ohne Echo. Sehr rasch löste er in seiner Gemeinde einen politischen Prozess aus. Am 19. April 1985 forderten die Fraktionen der Grünen und der SPD im Gautinger Gemeinderat, zur Erinnerung an den "vergessenen Todesmarsch" einen Gedenkstein "an einem zentralen und würdigen Punkt Gautings" zu errichten. Schon am 25. April 1985 machte Dr. Ekkehard Knobloch, 1. Bürgermeister der Gemeinde Gauting, den richtungweisenden Vorschlag, dass dieses Gedenken nicht alleinige Angelegenheit Gautings sei und auch andere Gemeinden berühre. Deshalb habe er alle betroffenen Städte und Gemeinden angeschrieben, um Gedenksteine "in allen am Weg liegenden Gemeinden" oder "ein gemeinsames Denkmal" zu errichten. Das geplante Gemeinschaftswerk stieß nicht auf helle Begeisterung. Von 14 angeschriebenen Städten und Gemeinden äußerten sich nur zwölf; von diesen zeigten sich anfangs nur fünf verhandlungsbereit. Aber mit tatkräftiger Unterstützung der Landeshauptstadt München kam die Gautinger Initiative langsam in Schwung. Die benachbarten Würmtal-Gemeinden Gräfelfing, Krailling und Planegg sowie die Stadt München (für die Stadtteile Allach und Pasing) beteiligten sich schon 1986 an diesem Projekt, bald auch die südlicher gelegenen Gemeinden Berg und Wolfratshausen. Diese sieben Partner einigten sich im Jahre 1987 auf eine gemeinsame Ausschreibung. Am 13. September 1988 billigte der Gautinger Gemeinderat das unter 28 Entwürfen ausgewählte Modell des Pullacher Professors Hubertus von Pilgrim. Jurymitglied Max Mannheimer - selbst Überlebender eines "Evakuierungszuges" - hatte für das Denkmal eine "verständliche Symbolik" empfohlen. Das Konzept des Pullacher Künstlers entsprach dieser Idee. Eine "abstrakte Gestaltung" hielt Pilgrim für nicht geeignet. In seiner Gestaltung "solle das Geschehen ablesbar sein". Pilgrims Entwurf wurde zu einem vollen Erfolg. Die KZ-Gedenkstätte Dachau benützt die "ins Ungewisse" wankende Menschengruppe als Symbol, die in Israel angesiedelte "Vereinigung der Überlebenden der Außenlager Landsberg/Kaufering des KZ Dachau" übernahm es als ihr Logo. Unter dem Leitmotiv des Mahnmals, einer Gruppe wankender Häftlinge, ist eine Platte mit folgender Inschrift befestigt: "Hier führte in den letzten Kriegstagen im April 1945 der Leidensweg der Dasselbe Denkmal, das im November 1992 in der Jerusalemer Holokaust-Gedenkstätte Jad Vaschem aufgestellt wurde, trägt als Inschrift in hebräischer Sprache einen Vers aus dem Buch des Propheten Jeremias (8, 23): "Ach, dass ich Tränen genug hätte in meinem Haupte, und meine Augen Tränenquellen wären, dass ich Tag und Nacht beweinen möchte die Erschlagenen in meinem Volk!" Die ersten acht Mahnmale wurden am 12. Juli 1989 zuerst in Gauting und noch im selben Jahr in den übrigen "Pioniergemeinden" errichtet (geographische Reihenfolge!): München (Allach und Pasing), Gräfelfing, Planegg, Krailling, Berg und Wolfratshausen. Die übrigen Standorte und Jahre der Einweihung sind unter dem Link Standorte aufgelistet. Im Jahre 2005 hatten schließlich alle Gemeinden bzw. Stadtteile (München!) entlang der gesamten Wegstrecke zwischen Dachau und Waakirchen Mahnmale errichtet, an den Seitenstrecken der "Todesmärsche von Dachau" auch die Gemeinden Grünwald, Geretsried, Fürstenfeldbruck und Utting. Mahnmale, die von anderen Bildhauern geschaffen wurden, stehen in Landsberg, Schwabhausen (Kreis Landsberg), Petersbrunn bei Starnberg (Bildhauer Habdank) und Seeshaupt am Starnberger See.(Bildhauer Jörg Kicherer, errichtet 1995). Zwei der letztgenannten Mahnmale (Schwabhausen und Seeshaupt) erinnern nicht an die Opfer von Todesmärschen, sondern an die Todesopfer von Bahntransporten aus Außenlagern des KZ Dachau. |