Begräbnisfeier für Dr. Friedrich Schreiber in Gräfelfing
Der Trauerredner, Herr Hensel, beschrieb im Auftrag von Friedrich Schreibers Sohn Michel dessen langsamen Rückzug aus einem äußerst aktiven, energiereichen und charismatischen Leben, der sich in seinem letzten Buch niederschlug, das er nicht mehr vollenden konnte. Er erinnerte daran, wie Schreiber als ARD-Korrespondent vor laufender Kamera aus den Brennpunkten der 1. Intifada berichtet hatte und einmal im Libanon sogar bei seiner Tätigkeit als Fernsehjournalist verhaftet worden sei. Sein Schlüsselerlebnis in Israel sei die Einweihung des Pilgrim-Mahnmals in Yad Vashem gewesen, wo er Zwi Katz begegnete. Ihm sei seit seiner Kindheit im nationalsozialistisch beherrschten München und seiner Schulzeit im Freisinger Internat nie bewusst gewesen, dass es die Todesmärsche aus dem KZ Dachau gegeben habe. Während seines Studiums in den USA habe er eine weltweite Perspektive erhalten. Er habe verstanden, dass der antisemitische Hass auf der Projektion eines Feindbilds beruhe, gegen das man nur mit Erinnerung und Versöhnung angehen könne. Der Redner schloss mit einem Zitat von Martin Buber, dass die Pathologie unserer Zeit in der Unfähigkeit zum partnerschaftlichen Gespräch bestünde. Friedrich Schreiber habe es als seine Lebensaufgabe gesehen, Verbindungen zwischen Menschen, Gruppen und Völkern herzustellen. Dieser Energie-Impuls gehe nicht verloren, sondern nun in unsere Verantwortung über.
Angelika Lawo würdigte den Verstorbenen stellvertretend für den Verein "Gedenken-im-Würmtal", indem sie einfühlsam an drei typische Gesten erinnerte, die unser Bild von ihm geprägt haben: seine offen ausgebreiteten Arme, sein forscher Schritt voran und seine väterliche Hand auf dem Arm seiner Gesprächspartner. In konkreten Beispielen zeigte sie auf, wie es ihm gelungen sei, die Mahmale lebendig zu machen und den Stab der Erinnerung an die nächste Generation weiter zu geben.
Michael Shubitz, Kameramann aus Israel, erzählte aus den 35 Jahren seiner Freundschaft mit Friedrich Schreiber einige Schlüsselszenen während gemeinsamen Dreharbeiten, etwa während des 1. Irakkrieges im Bunker sitzend in Angst vor einem Gasangriff, den Schreiber öffentlich mit dem kollektiven Trauma von Auschwitz in Verbindung brachte, obwohl das vom damaligen Redaktionsleiter nicht erwünscht war. Als sich nach den Osloer Friedensverträgen die Spannungen zwischen den Parteien verschärften, ahnte er hellsichtig das Desaster der Ermordung von Jitzjak Rabin voraus. In der Tragödie des israelisch-arabischen Konflikts sei er auch für das Leid der Palästinenser sensibel gewesen. Direkt an den Verstorbenen gewandet, sprach Michael Shubitz die Worte: „Ich verspreche dir, dass die Gedenkarbeit weiter geht“.
Nach der stillen Beisetzung waren alle Trauergäste zum Beisammensein im Gathaus Kottmeier in Planegg eingeladen, wo in der warmen Herbstsonne im Biergarten noch viele Gespräche möglich waren. (c) Thomas Schaffert.
Michael Shubitz aus Israel am 20.09.2024 bei seiner Trauerrede neben dem Sarg von Friedrich Schreiber